Why we need a fresh start in critical care now

Today, critical care faces major challenges. Although there are many high-tech devices in hospitals in no other area, there is a lack of very essential factors to document and evaluate the enormous amount of data. Meaningful mechanisms and powerful tools are needed – combined with algorithms that help us focus on the essential data. If we don’t take countermeasures now, the system will inevitably collapse

(Full article available in German below )

Wir Intensivmediziner:innen können uns eigentlich glücklich schätzen: In keinem anderen Bereich in Krankenhäusern befinden sich so viele High-Tech-Geräte, wie auf der Intensivstation. Bis zu zehn Geräte umranden jedes Patientenbett, um ohne Pause sämtliche relevanten Parameter zu messen. Eigentlich für uns eine recht komfortable Situation – wären da nicht die enormen Datenmengen, die gleichzeitig von viel zu wenigen Fachkräften gesichtet, dokumentiert und ausgewertet werden müssen. Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, wird es unweigerlich zum Kollaps des Systems kommen.


Dr. Arne Peine, Geschäftsführer Clinomic GmbH

Big Data auf der Intensivstation

Die aktuelle Situation der Intensivstationen in deutschen Krankenhäusern wird durch die Corona-Pandemie auf die Probe gestellt. Doch sie ist schon seit Jahren prekär. Heutzutage ermitteln wir auf den Stationen über 1.000 Datenpunkte pro Patient:in (!) in einer einzigen Stunde. Wenn ein Arzt oder eine Ärztin dann zwischen 14 und 20 Patient:innen an einem Arbeitstag versorgt, sind es zwischen 14.000 und 20.000 Datenpunkte, die er oder sie betrachten müsste. Ein Arbeitsumfang, den fast niemand leisten kann. Und daraus resultieren zwangsläufig Fehler, die Menschenleben kosten können. 

Wie in einem Cockpit im Flugzeug versuchen Ärzt:innen die Datenflut zu bändigen – teilweise mit bis zu sechs Bildschirmen gleichzeitig, auf denen sekündlich neue Daten erscheinen. Die Folge: Wir müssen unglaublich viel Zeit dafür anwenden, diese Datenmenge aufzubereiten, zu interpretieren und gemäß der allgemeinen Dokumentationspflicht festzuhalten. Die dabei zu investierende Zeit lässt sich bei weitem sinnvoller nutzen.

Neben dem Personalmangel und der Datendichte leidet die Intensivmedizin jedoch zudem daran, dass wir keine flächendeckende Expertise vorweisen können. Hochspezialisierte Fachkräfte sind absolut erforderlich, um die wachsenden Herausforderungen zu meistern. Die gegenwärtige Situation sieht allerdings ganz anders aus: Leider können Intensivpatient:innen nicht immer von einem spezialisierten Facharzt mit der Zusatzbezeichnung „Intensivmedizin” behandelt werden. Häufig müssen Krankenhäuser auf Anästhesist:innen zurückgreifen, die die Intensivstationen neben ihren Tätigkeiten im OP und der Notaufnahme zusätzlich betreuen. Eine in meinen Augen völlig unzumutbare Situation – nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa, wo Tausende Intensivmediziner:innen fehlen. 

Die Datendichte wird künftig nicht weniger werden. Pro Jahr steigt diese aufgrund zunehmender Digitalisierung des Gesundheitswesens um 30 Prozent, die Intensivmediziner:innen zusätzlich auswerten müssen. Was ebenso vollkommen inakzeptabel ist: Ein Großteil aller Krankenhäuser verfügt nicht einmal über eine entsprechende intensivmedizinische Software. Auf einem Blatt Papier müssen sich viele von uns behelfen, um diese Daten aufzubereiten. Es braucht kein besonderes Insider-Wissen, um festzustellen, dass das weder zeitgemäß, noch effizient ist. 

Rentabel dank Dokumentationspflicht

Die bereits erwähnte Dokumentationspflicht ist allerdings zwingend erforderlich. Die Intensivmedizin ist gleichzeitig der kosten- und umsatzstärkste Bereich des Krankenhauses. Noch Jahre später müssen Krankenhäuser nachweisen, warum welche Behandlung wann genau und vor allem warum getätigt wurde. Entstehen hier Fehler, kann das schwerwiegende finanzielle Auswirkungen für die Kliniken haben. Ist beispielsweise eine Beatmungs-Serie bei einem Patienten fehlerhaft dokumentiert, kann im Nachgang schnell ein finanzieller Schaden von über 30.000 Euro entstehen. 

Erschwerend für das gesamte medizinische Pflegepersonal kommt noch der juristische Aspekt hinzu: Wir sind im Sinne unserer Patienten dazu verpflichtet, die neueste, evidenzbasierte Therapie durchzuführen, die den allgemeinen Leitlinien entspricht. Von diesen Leitlinien gibt es aktuell über 110, von der jede einzelne bis zu 100 DIN A4-Seiten umfasst. Das medizinische Wissen erweitert sich sukzessive, und für uns Intensivmediziner:innen und für das gesamte Pflegepersonal wird es zunehmend schwieriger, alle Leitlinien im Blick zu behalten und zu verfolgen.

Intensivstationen: Was jetzt zu tun ist

Um es auf den Punkt zu bringen: Wenn wir unsere hochqualitative Versorgung in der Intensivmedizin halten wollen, müssen wir jetzt agieren!

Die Intensivmedizin benötigt eine Arbeitsumgebung, in der das medizinische Personal nicht 50 Prozent der Arbeitszeit vor dem Computer verbringt. Es sind sinnvolle Mechanismen und leistungsstarke Tools nötig – verbunden mit Algorithmen, die dabei unterstützen, dass wir uns auf die wesentlichen Daten fokussieren können. 

Künftig brauchen wir Unterstützungssysteme, die technologisch ausgereift sind und uns helfen, in jedem Augenblick eine evidenzbasierte Therapie zu ermöglichen. Lösungen der Telemedizin bringt uns fachärztliche Expertise ans Patientenbett – sowohl in der Großstadt als auf dem Land. 

Nur gemeinsam können wir es schaffen, die entsprechenden Hebel umzulegen. Schließlich wollen wir alle, dass unsere wertvollen Ressourcen wieder dort eingesetzt werden, wo sie dringend gebraucht werden: am Patientenbett in der Versorgung kritisch kranker Patient:innen.

Published by: Dr. med. Arne Peine, MHBA Chief Executive Officer at Clinomic GmbH

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